KIRSTEN SCHÄFER-HELLBERG / Teil II

ENTFALTUNG DER LIEBE II

“Ich liebe mich als die, die ich bin, und ich bin glücklich, ich selbst zu sein.”


Die Kraft des Herzens

Der Hoffman-Quadrinity-Prozess – ein Erfahrungsbericht von Kirsten Schäfer-Hellberg
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages und der Autorin, entnommen aus: Lebensart – Das Magazin für Lebenskunst, Nr. 1 Jan./Feb. 1995

“Ich liebe mich als die, die ich bin, und ich bin glücklich, ich selbst zu sein.”

Mit diesen Worten habe ich den ersten Artikel über meine Erfahrungen mit dem Quadrinity-Prozess beendet. Heute, 17 Monate nach diesem Prozess, kann ich diesen Satz aus vollem Herzen erweitern: Ich liebe mich so wie ich bin, ich liebe die Menschen, so wie sie sind, ich liebe das Leben, so wie es ist. Ich habe die Kraft meines Herzens gefunden und weiß jetzt was lieben heißt. Ich habe die Liebe erfahren und lebe in der Liebe. Ich habe das Gefühl eines neuen Lebens, einer Transformation, einer Wandlung, die verglichen werden kann mit der Wandlung, die wir erleben in der Pubertät, wenn wir nicht nur einen seelisch-geistigen Reifeprozess, sondern auch eine grundlegende körperliche Wandlung durchmachen.

Ich habe mich auf allen drei Ebenen (Körper, Seele, Geist) grundlegend verändert. So deutlich, dass mich Menschen aus meinem früheren Leben nicht mehr erkennen, oder es nicht glauben wollen, wenn sie es mit eigenen Augen sehen: “Nein, das ist sie nicht”, sagten neulich Nachbarn, als ich mit einer Gruppe junger Menschen vorbei ging, “das ist ein junges Mädchen”.

Wie sieht diese Wandlung aus? – Aus den 20 Pfund, die ich nach einem halben Jahr nach dem Prozess abgenommen hatte, sind 70 geworden. Aus einem Leben, das aus dem Gefühl, “lebendig begraben zu sein”, bestand und keine Freude mehr im Herzen kannte, dass in Einsamkeit, Lustlosigkeit, Aufopferung und Sehnsucht bestand, ist ein Leben der Liebe, der Lust und des Glücks geworden.

Was für ein Weg war das? Was hat er mit dem “Prozess” zu tun? Wie hat er sich nach dem “Prozess” weiterentwickelt? – Aus dem “Prozess” kam ich mit dem starken Gefühl der Selbstannahme, der Selbstverantwortung und der Selbstliebe. Ich merkte bald, obwohl ich fleißig meine negativen Verhaltensmuster bearbeitete hatte, dass dieser “Prozess” weiter ging. Mein Bewusstsein war geschärft auf mein eigenes Verhalten. Ich erkannte: Immer, wenn ich mich nicht wohl fühlte oder nicht angemessen reagierte in einer Situation, war ich in einem Muster. Plötzlich aber verlagerten sich diese inneren Wahrnehmungen nach Außen. Die merkwürdigsten Dinge passierten mir, kamen auf mich zu, nahmen mich mit und führten mich weiter.

Ein Stern am Abendhimmel – die Venus – führte mich zu einem Mann, der mich mein Gefühl und meine körperliche Lust wiederfinden ließ. Der Besuch einer Veranstaltung führte mich zu einem Mann, der mir die geistige Bestätigung und Anerkennung auf der beruflichen Ebene gab. Eine zufällig aufgeschlagene Zeitschrift zeigte mir die Möglichkeit zur Erfüllung eines langgehegten Wunsches: Ich kaufte mir einen “Samadi-Tank”. Die Kette solcher Merkwürdigkeiten, Führungen und Fügungen ließe sich endlos fortsetzen.

In meiner Arbeit hatte ich plötzlich neue Probleme vor mir, neue Erfahrungsmöglichkeiten eröffneten sich, meine Klienten veränderten sich, ganz neue Menschen kamen auf mich zu, sowohl im beruflichen wie im privaten Bereich. Vor allem aber kamen Männer auf mich zu und ich lernte sie ganz neu kennen. Ich, eine Frau, die glaubte “Frau” gewesen zu sein, ihr Leben als Frau gelebt und bis auf den Grund ausgelotet zu haben, ich erfuhr ein neues Erwachen: Ich wurde erst jetzt wirklich zur Frau. Mir wurde bewusst, dass ich, als die starke, emanzipierte Frau, die ich immer war, nur meinen “Mann” gestanden hatte, als Frau aber in diesem inneren und äußeren Krieg von Mann und Frau völlig verloren gegangen war. Schon in dem “Prozess” hatte ich die Muster der Eltern erkannt und das Scheitern von zwei Ehen auf diesen ewigen Krieg zurückführen können. Ich war, um diesen Krieg zu beenden, in eine freiwillige Isolation gegangen. Mein Körper hatte mich dazu gezwungen, ich bekam Rheuma, musste meinen Beruf im öffentlichen Leben aufgeben, saß fast im Rollstuhl, konnte mich kaum bewegen, jahrelang. Der Vater meines Kindes verließ mich, fand eine jüngere, gesunde Frau, wollte mir mein Kind wegnehmen. Ich lebte nur noch für mein Kind und dessen bessere Zukunft.

Kränkung, vielfältiger Art (heute weiß ich, es waren die Muster meines Vaters, die mir von außen wieder entgegenkamen) und der daraus resultierende Männerhass ließen mich fast nur noch mit Frauen arbeiten. Über 10 Jahre kam kein Mann an mich heran. Beziehungen zu Männern, gar noch sexuelle, hielt ich für mich für endgültig abgeschlossen. Eine “no-future”-Stimmung beherrschte mich.

Das änderte sich mit dem “Prozess” grundlegend. Plötzlich traten wieder Männer in mein Leben, als Klienten, als Freunde, als Partner. Ich erlebte sie in ganz neuer Wahrnehmung: Suchende, spirituelle Männer, feinfühlich, sensibel, intuitiv und verletzt. Ich konnte durch sie auch das wahre Wesen meiner Väter erkennen, konnte ihnen verzeihen und allen Männern, die gewesen waren wie sie. Ich konnte den Krieg beenden. Ich ging wieder raus in die Welt, besuchte Veranstaltungen, organisierte Veranstaltungen, lernte Menschen kennen und lieben. Ich blühte auf, meine Haare wurden noch kürzer, ich fühlte mich wie neu geboren. Ich stand morgens wieder gerne auf. Seit dem ist jeder Tag schön. Und auch die Nacht, in der ich, wie jetzt, gerne schreibe.

Seit ich wieder auf die Welt zugehe, kommt sie auf mich zu. Ein Sommer der Liebe und der Selbstliebe liegt hinter mir, mit Spiel, Sport und Freude. – Das ist Leben. In der Liebe zu den Männern habe ich meine liebenswerten männlichen Anteile in mir gefunden, meinen inneren Partner, Geliebten, meine “bessere Hälfte” (er ist Schütze, da ich Zwilling bin. Anm. für Karmaastrologen). Mit ihm habe ich diesen Krieg von Mann und Frau, von Mama und Papa wirklich beendet. Erst jetzt kann ich für mich sagen: Ich bin eine emanzipierte Frau. Erst jetzt fühle ich mich wirklich gleichberechtigt neben den Männern. Ich kann ohne Probleme auf sie zugehen und sie annehmen, wenn sie auf mich zukommen. So habe ich im letzten Jahr viele wirkliche Freunde gefunden und mein innerer Freund wird mich nie mehr verlassen. Ich bin nicht mehr einsam, ich fühle mich vollständig, als androgyne Wesenheit: Mann und Frau gleichberechtigt auch in mir, heil. (Das Bild dazu gibt die Tarotkarte 21 aus dem Delphischen TAROT “Die Welt”, Mann und Frau verschmelzen darauf.)

In meiner Arbeit habe ich ganz neue Bereiche entdeckt, mich wieder geöffnet für das wissenschaftliche Leben, ohne meine praktische Arbeit, der Verbindung von klassischer Psychoanalyse und Psychologie und spirituellen Methoden und Techniken aufzugeben. Ich schalte mich wieder ein in die wissenschaftliche Diskussion und erwäge vielleicht doch noch zu promovieren.

Die Friedesuniversität, die im September in Berlin zum erstenmal ihre Tore geöffnet hatte, gab mir in wunderbarer Weise die Möglichkeit den Anschluss an die Diskussion und die Menschen, die sie in meinem Sinne führen, zu finden. Ich traf Menschen wie Stanislaw Grof, Jabrane Sebnat, Rüdiger Dahlke, Kurt Tepperwein. Ich hörte sie, führte Gespräche, machte Interwievs, ich werde über sie schreiben.

Ja, das Schreiben, das ich mit dem ersten Artikel über den “Prozess” wieder begann, wird mir immer mehr zum Bedürfnis. So habe ich wohl auch diese Rebellion gegen die Mutter überwunden, nicht zu werden wie sie, Journalistin. Heute bin ich stolz, wenn ich daran denke, das Gleiche zu tun, wie sie, das heißt, ich liebe sie. Mein Herz wurde geöffnet durch den “Prozess”, von mir, durch meine konsequente Weiterarbeit, offengehalten und mit neuer Liebe, Freude und Mitgefühl gefüllt vom Leben selbst, auf das ich mich wieder einlassen kann. In diesem Herzen spüre ich eine ungeheure Kraft, die sich jetzt erst richtig entfalten kann und wird.

Ein Freund sagte neulich den Satz: ” Glück entsteht aus Veränderung und Bewegung!” – Ich habe für mich dieses Glück gewählt.

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